Oleg Chlewnjuk ist leitender Mitarbeiter des Staatsarchivs der Russischen Föderation in Moskau und Autor zahlreicher Bücher, nun hat er eine Biographie über Josef Stalin veröffentlicht. Stalin, der „Stählerne“, wie sich Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili seit 1912 nannte, war laut Autor „grausam und mitleidlos veranlagt“. Dies half jedoch dabei den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen und Deutschland von den Nazis zu befreien, auch wenn Stalin während des Krieges für viele Fehlentscheidungen und damit für den Tod hunderttausender Soldaten die Verantwortung trug.
Stalin war der Ansicht, dass „der Staat das uneingeschränkte Recht habe, jedes Opfer von seinen Bürgern zu fordern“ und wurde deshalb zum Massenmörder, dem es bei der „Säuberung“ von „antisowjetischen Elementen“ mitunter eher um die Erfüllung von Kontingente ging, als um die einzelnen Schicksale. Unglaublich zu lesen wie ein Mann es schafft mit Angst und Terror ein derartig großes Land zu beherrschen. Auch so ist es zu erklären, dass sich niemand in sein Zimmer in der Datscha bei Moskau wagte als er einen Schlaganfall erlitt. Seine Tochter Swetlana, die letztendlich die letzten Stunden ihres Vaters an seiner Seite verbrachte, schrieb in ihren Erinnerungen: „Die Agonie war entsetzlich, sie erwürgte ihn vor aller Augen. In einem dieser Augenblicke [...], offenbar in der letzten Minute, öffnete er plötzlich die Augen und ließ seinen Blick über alle Umstehenden schweifen. Es war ein furchtbarer Blick, halb wahnsinnig, halb zornig, voll Entsetzen vor dem Tode und den unbekannten Gesichtern der Ärzte - dieser Blick ging im Bruchteil einer Sekunde über alles hin, und da [...] hob er plötzlich die linke Hand [...] und wies mit ihr nach oben, drohte uns allen. Die Geste war unverständlich, aber drohend, und es blieb unbekannt, worauf oder auf wen sie sich bezog. Im nächsten Augenblick riss sich die Seele nach einer letzten Anstrengung vom Körper los.“ Lesenswert, wenn auch mitunter zu detailliert. er Oleg Chlewnjuk: Stalin. Eine Biographie. Siedler Verlag, München 2015. 592 Seiten, 29,99 Euro. Kommentare sind geschlossen.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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