Schon im Kaiserreich, in der Weimarer Republik, in der Nazizeit, als auch in der BRD und in der DDR gab es viele Frauen die für Geheimdienste arbeiteten. Es gab nicht nur Mata Hari, sondern viele Agentinnen, die für oder gegen Deutschland spionierten.
Aber kaum jemand kennt Elisabeth Schragmüller. Alwine Brusis, Virginia Hall, Nathalie Sergueiew, Erika Lokenvitz, Elli Barczatis oder Christel Broszey. Es gibt sogar eine Spionin mit dem Decknamen Lenchen, die Putins Ehefrau in Dresden aushorchte und einige interessante Details aus der Ehe erfuhr. Sie lebt aus verständlichen Gründen inzwischen inkognito, ihr richtiger Name bleibt daher weiterhin unbekannt. Der heutige russische Präsident Wladimir Putin war von 1985 bis 1990 für den sowjetischen Nachrichtendienst in Dresden stationiert, er soll dort seine Frau geschlagen und betrogen haben. Elisabeth Schragmüller, eine der ersten Frauen mit Doktortitel in Deutschland, war ab 1915 Leiterin der deutschen Spionageabteilung gegen Frankreich. Sie war sozusagen die Vorgesetzte von Mata Hari und bildete sie aus. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchten die ehemaligen Gegner des Deutschen Reiches zu ergründen ob in der Weimarer Republik der Versailler Vertrag eingehalten wurde. Eine der französischen Agentinnen war Alwine Brusis. Sie bandelte in Düsseldorfer Cafés mit Offizieren an und fand Beweise für die illegale Aufrüstung. „Vertrauter Verkehr“ hieß in den Gerichtsakten das Aushorchen von Offizieren mittels sexueller Avancen. Brusis kam ins Gefängnis und später in die Fänge der Nazis. Sie starb 1941 mit nur 54 Jahren. Sex spielte natürlich damals wie heute eine große Rolle. Bei der Stasi sprach man von der „Angriffsfront Intimleben“. Eine Methode, die China inzwischen mit digitalen Fake-Profilen in den sozialen Medien zu vervollkommnen versucht. Frauen und Männer werden weiterhin gerne als Lockvögel benutzt. Zwei überaus schillernde Geheimagentinnen während des Zweiten Weltkrieges waren Virginia Hall und Nathalie Sergueiew. Hall galt als „meistgesuchte Spionin des Zweiten Weltkriegs“. Sie arbeitete beim britischen Geheimdienst und hatte wie James Bond die „Lizenz zum Töten“, wechselte später zum amerikanischen Geheimdienst und bereitete die alliierte Landung vor. Nathalie Sergueiew, eine in Paris aufgewachsene Russin, war die bekannteste Doppelagentin des Zweiten Weltkriegs. Noch als ganz junge Frau war sie zu Fuß von Paris nach Warschau gelaufen und lernte währenddessen NS-Größen wie Hermann Göring und Franz von Papen kennen. Später fuhr sie mit dem Fahrrad von Paris bis nach Beirut. Eine Abenteurerin, die mit dafür verantwortlich war, dass der D-Day am 6. Juni 1944 gelang, indem sie die ihr vertrauenden Deutschen mit falschen Informationen täuschte. Im Kalten Krieg herrschte großes Misstrauen und dementsprechend eine rege Agententätigkeit in Ost und West. Erika Lokenvitz war in der DDR eine unter vielen Spioninnen der CIA. Elli Barczatis war Chefsekretärin des DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl und wurde wegen westlicher Spionagetätigkeit 1955 zusammen mit ihrem Geliebten guillotiniert. Im Büro des CDU-Mannes Kurt Biedenkopf saß eine wichtige Stasi-Informantin, Christel Broszey. Ihrer Verhaftung entging sie durch Flucht in die DDR. Aber auch nach dem Ende der DDR blieb die Bundesrepublik im Visier Russlands, Chinas und von anderen Geheimdiensten. 2011 wurde ein Ehepaar von einem GSG9-Kommando festgenommen. Es war die erste Enttarnung von Agenten nach dem Kalten Krieg. Besonders bemerkenswert dabei ist die Tatsache, dass ihre russischen Auftraggeber wissen wollten, wie in Brüssel über die Ukraine gedacht wurde. Die Spiegel Redakteure Maik Baumgärtner und Ann-Katrin Müller haben für ihr Buch „Die Unsichtbaren. Wie Geheimagentinnen die deutsche Geschichte geprägt haben“ Fälle aus den vergangenen hundert Jahre recherchiert, zahlreiche Akten in den Archiven ausgewertet und mit ehemaligen und aktiven Geheimagentinnen gesprochen. Ernst Reuß Maik Baumgärtner/Ann-Katrin Müller: „Die Unsichtbaren. Wie Geheimagentinnen die deutsche Geschichte geprägt haben“. DVA, München 2022, 384 Seiten, 24 Euro. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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