Als sowjetische Truppen im Dezember 1979 in Afghanistan einmarschierten wurde Afghanistan das Zentrum eines heftigen Kalten Krieges zwischen der Sowjetunion und den USA. Die afghanischen Mudschaheddin wurden die von den USA unterstützten antisowjetischen Truppen. Sie wurden mit Waffen aus den USA, aus China und aus den arabischen Staaten geradezu überhäuft. Für die Afghanen bedeutete die sowjetische Invasion nur einen weiteren Versuch, sie von außen her unterwerfen zu wollen und ihre Religion und Gesellschaft durch eine fremde Ideologie und Gesellschaftsform zu ersetzen. Dieser Konflikt sollte bis zum Abzug der sowjetischen Truppen 1989 1,5 Millionen Afghanen das Leben kosten. Danach entstand eine zweite Generation von Mudschaheddin, die sich selbst Taliban nannten – Schüler des Islam.
Der Talib ist ein Koranschüler, ein nach Wissen strebender. Die Taliban distanzieren sich schon mit ihrem Namen von der Parteipolitik der Mudschaheddin und schufen sich anfangs ein Robin-Hood Image. Die afghanische Taliban-Bewegung nahm 1996 zum ersten Mal Kabul ein, verlor die Stadt wieder 2001 und brachte sie kürzlich im August 2021 wieder in ihre Gewalt. Während die Taliban 1996 zwei Jahre brauchten, um Kabul zu besetzen, genügten ihnen 2021 nur fünfzehn Tage, um dasselbe zu tun. Der pakistanische Journalist und exzellenter Kenner der Taliban und der Konflikte in und um Afghanistan Ahmed Rashid hat sein erstmals 2000 erschienenes und schon mehrfach wieder aufgelegtes Buch „Taliban – die Macht der afghanischen Gotteskrieger“ angesichts der neuen Geschehnisse erneut leicht überarbeitet und wieder publiziert. Ein akribisches Werk, das detailliert die Geschichte der Taliban erzählt und auch nicht die lange blutige Geschichte Afghanistans außer Acht lässt. Es enthält verwirrend viele Einzelheiten von Stammeskämpfen, Warlords und Führern, die meist nicht allzu alt wurden, leider aber nur wenig zu den neuesten Entwicklungen. Ernst Reuß Ahmed Rashid: „Taliban – die Macht der afghanischen Gotteskrieger“, Übersetzt von Harald Riemann und Rita Seuß, überarbeitete Neuauflage. C.H. Beck, 491 Seiten, 16,95 Euro. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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