Schon in seiner Zeit als Ressortleiter der Tageszeitung „Kurier“ und des Nachrichtenmagazins „News“ hat sich Hans-Henning Scharsach mit den engen Verflechtungen führender Köpfe der FPÖ mit rechtsextremen Burschenschaften beschäftigt.
In seinem neuen Buch, das gerade den Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2017 erhalten hat, arbeitet der Autor akribisch heraus, dass ein „rechtsextremer demokratie- und verfassungsfeindlich agierender Akademikerklüngel“ die Partei die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) erst unterwandert hat und dann in Besitz genommen hat, angeführt vom neuen Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer, der 2016 nur knapp bei der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten gescheitert ist und inzwischen zum- Verkehrsminister ernannt wurde. Zwar gibt sich die Partei gerne als Sprachrohr des „kleinen Mannes“, schreibt Scharsach, ist jedoch in der Hand einer extrem elitären Truppe, rekrutiert aus österreichischer Burschenschaften, aus denen die schlimmsten Nazi-Verbrecher, die brutalsten politischen Gewaltverbrecher der Nachkriegszeit und zahlreiche rechtskräftig verurteilte Neonazis hervorgegangen sind. Hofers Präsidentschaftswahlkampf, analysiert Scharsach überzeugend, war „ein Lehrstück einer von Burschenschaften konzipierten populistischen Kampagne“, inklusive der Verbreitung rücksichtsloser Hasspropaganda und systematischer Fake-News. Dazu werden als Feindbilder die Schwächsten der Schwachen auserkoren, wie Scharsach durch Posts von Straches Facebookseite dokumentiert. Das Buch, das vor Nationalratswahl 2017 erschienen ist, macht in erschreckender Weise deutlich, wen sich der neue österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz mit der FPÖ und ihrem Führungszirkel an den Kabinettstisch geholt hat: Burschenschaftler, die sich an Traditions- Veranstaltungen der Waffen- SS beteiligen, die Auschwitz leugnen, Nazi-Verbrecher glorifizieren und rechtsextreme und rassistische Aktivitäten fördern. Man trägt gerne eine Kornblume am Revers, ein Zeichen, das NSDAP-Mitglieder zum gegenseitigen Erkennen zu tragen pflegten, als das Hakenkreuz verboten war. Ernst Reuß Hans-Henning Scharsach: Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften, Kremayr & Scheriau, Wien 2017, 208 Seiten, 22 Euro.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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