Trotz Berlinblockade existierte bis 1949 immer noch eine einheitliche Berliner Justiz. Man glaubte, dadurch einer endgültigen Spaltung Berlins entgegenwirken zu können.
Jedoch kriselte es heftig in der Berliner Justiz. Ein Grund dafür waren die unterschiedlichen Auffassungen zur Bestrafung von Kriegsverbrechern. Nach Auffassung der Sowjets wurde dies nur nachsichtig und milde bestraft. Bereits am 29. Mai 1947 war deswegen Generalstaatsanwalt Kühnast, der im Ostsektor wohnte, suspendiert und unter Hausarrest gestellt worden. Von westlicher Seite wurde der Arrest Kühnasts damit in Verbindung gebracht, dass er beabsichtigt hatte, gegen Erich Mielke, dem späteren Stasi-Chef, Anklage zu erheben. Vor Erlass eines Haftbefehls hatte sich Kühnast daher vorsichtshalber mit der russischen Militärverwaltung in Verbindung gesetzt. Vielleicht war das sein Fehler. Mielke wurde vorgeworfen 1931 – am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz – zwei Polizeibeamte erschossen zu haben. Nach der Tat war er in die Sowjetunion geflüchtet und nun nach Berlin zurückgekehrt. Er war inzwischen Leiter der Polizeiinspektion Berlin-Lichtenberg und war im Zentralkomitee für Polizei und Justiz zuständig. In einer Untersuchung konnten Kühnast keine sonstigen Verfehlungen nachgewiesen werden. Die Westalliierten ordneten seine Freilassung an, was auf die Sowjetische Militärverwaltung jedoch keinen Eindruck machte. Kühnast blieb nach wie vor in Hausarrest. Erst am 3. August 1948 konnte er seinen Bewachern entwischen und flüchtete in den Westsektor. Nach insgesamt 431 Tagen! Ob Kühnasts Hauarrest tatsächlich mit seinen Ermittlungen gegen Mielke zu tun hatte, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. 1993 wurde Mielke wegen zweifachen Polizistenmordes rechtskräftig zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. (aus Ernst Reuß: Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern, S. 116 ff.) Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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