Im Ephraim-Palais des Berliner Stadtmuseums läuft bis zum 9. November die sehenswerte Ausstellung „Ost-Berlin. Die halbe Hauptstadt“. Sie widmet sich der Alltagskultur in der DDR. Der vom Kurator der Ausstellung Jürgen Danyel herausgegebene mehr als 400-seitige Begleitband enthält 30 amüsante und interessante Beiträge, die den Alltag in Ost-Berlin beschreiben. Dazu illustrieren 50 Fotos die „halbe Hauptstadt“, die als größte Stadt der DDR immer etwas Besonderes und für viele Provinzler Anziehungspunkt war. Dort gab es im Gegensatz zur Provinz Nischen für eine Vielzahl von Lebensentwürfen. Diesbezüglich unterschieden sich Ost- und West-Berlin kaum, der Alltag war dennoch sehr unterschiedlich.
Claudia Schön alias Mio Mandel erinnert in einem der Texte lakonisch und äußerst amüsant an eine Ost-Berliner Kindheit nahe Honeckers Protokollstrecke, wo ein Volkpolizist nichts anders zu tun hatte, als per Knopfdruck auf die Ampel die Vorfahrt Honeckers zu gewährleisten. Jens Kraushaar beschreibt das schwule Ost-Berlin und erinnert vor allem an Charlotte von Mahlsdorf. Daniela Dahn berichtet aus der Vorwendezeit von der Kneipenszene in der Schönhauser Allee, dieselbe Straße ist auch Hanno Hochmuths Thema. Götz Aly schreibt, wie es zur Aberkennung und Wiederzuerkennung der Ehrenbürgerwürde für den ehemaligen Stadtkommandanten Nikolai Bersarin kam. Marion Brasch stellt eine Ostberliner Playlist zusammen, Mark Reeder erzählt von den Schwierigkeiten, die er erlebte, als er die Toten Hosen bei geheimen Konzerten in der Kirche auftreten ließ. Weitere Texte erkunden das soziale und kulturelle Milieu der Hauptstadt der DDR und zeigen das Lebensgefühl im Osten der geteilten Stadt. Ernst Reuß Jürgen Danyel (Hg.), Ost-Berlin, 30 Erkundungen, Chr. Links Verlag. Berlin 2019, Ausstattung: Hardcover mit: 448 Seiten, 50 Abbildungen, 25 Euro. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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