Jörn Leogrande war 15 Jahre bei Wirecard beschäftigt. Nun hat er ein Buch mit dem Titel „Bad Company. Meine denkwürdige Karriere bei der Wirecard AG“ geschrieben.
Leogrande war wohl nicht an krummen Geschäften des zuletzt im Dax notierten Unternehmens beteiligt, er war aber an führender Stelle dabei und hatte tiefe Einblicke in das Innenleben des Konzerns. Leogrande kannte die Protagonisten des Skandals Markus Braun und den untergetauchten Jan Marsalek aus nächster Nähe. Eine von Marsaleks Kernkompetenzen war Rechtschreibfehler auf Online Präsentationen zu finden. Der Autor scheint das und seinen Wiener Charme zu bewundern. Geld, Gier und Größenwahn bestimmten den Tagesablauf. Skurille Gestalten tauchen auf, für die Geld, Markenklamotten und teure Uhren anscheinend äußerst wichtige Statussymbole sind. Man zeigt gern, dass man viel Geld verdient. Ein Rassist und Nazi sitzt in der Chefetage, man spielt dort „Call of Duty“ und verdient anfangs sein Geld mit Onlinepornos und Onlinegambling. Kein Wunder, dass einige Anwälte der namentlich Benannten schon ihre Messer wetzen. Immer wieder neue Umsatzrekorde werden vermeldet, doch es stellt sich heraus dass Milliardenbeträge einfache Luftbuchungen sind um den Aktienkurs nach oben zu treiben. Im Sommer des Jahres 2020 kollabiert das System und leitende Manager werden verhaftet. Der Autor zeichnet Wirecard als „groteske Bumsbude“ und rechnet mit einzelnen Protagonisten scharf ab. Er selbst, der jahrelang mit den Leuten zusammengearbeitet hat, scheint nach seiner eigenen Erzählung die Ausnahme gewesen zu sein. Er beschreibt menschliche Abgründe und gemeinsame Besäufnisse. Es ist befremdlich, dass er andere Mitarbeiter immer an Hand der teuren Markenprodukte, die sie am Leib tragen, charakterisiert. Offensichtlich ist das in diesen Kreisen von ausgesprochener Wichtigkeit. So ganz scheint er dieser Statussymbolik selbst auch nicht abgeneigt zu sein. Erstaunlich, dass im Kapitalismus, in dem es um sehr viel Geld geht, mehr Schein als Sein und wenig Kompetenz vorherrscht. Dass Freiherr von Guttenberg für Wirecard als Lobbyist tätig war, verwundert daher nicht. Verwundern tut dann aber doch, dass staatliche Behörden das traurige Spiel nicht schneller durchschauten. Es waren Journalisten, die das Blendspiel aufdeckten. Ein Buch über Blender, Gier und Kapitalismus. Ernst Reuß Jörn Leogrande: Bad Company. Meine denkwürdige Karriere bei der Wirecard AG, Penguin Verlag, München 2021, 288 Seiten, 22 Euro Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
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