Kein historisches Sachbuch, sondern Fiktion, möglicherweise aber irgendwann mal Geschichte. Kreuzberg Blues heißt der neueste Krimi von Wolfang Schorlau, der regelmäßig im ZDF als „Dengler“ verfilmt wird. In Denglers zehntem Fall geht es um die Gentrifizierung in Berlin-Kreuzberg. Aktueller geht es nicht. In einem Radius von wenigen hundert Metern vereinen sich in Kreuzberg Plattenbauten, Schicki-Micki Etablissements, viele Migranten und die Antifa.
Dort ist - wie im Buch beschrieben - Entmietung angesagt. Ein Immobilienhai ekelt seine Mieter mit kriminellen Methoden aus den Häusern. Die Interessen des Kapitals und das des normalen Kreuzberger Bürgers stoßen aufeinander, denn Kreuzberg grenzt auch an den Potsdamer Platz. Schorlaus Buch ist nicht nur eine schnöder Krimi, sondern eher eine Gesellschaftsstudie, dessen Verfilmung gerade in einem Kreuzberger Haus abgeschlossen wurde, in dem ähnliche Zustände herrschen. Der Krimi geht jedoch weiter, denn hinter all dem steckt auch eine politisch, geheimdienstliche Verschwörung, die den Mietendeckel verhindern und einen politischen Umsturz herbeiführen will. Dazu sollen Rechtsradikale, Verschwörungstheoretiker, Impfgegner und Quer“denker“ aufgehetzt und vereinigt werden. Dem Buch, das vor der Pandemie begonnen wurde, wurden in Echtzeit aktuelle Geschehnisse hinzugefügt, ohne dass das aufgesetzt wirkt, auch wenn so manches Klischee bedient wird. An Aktualität ist es jedenfalls kaum zu überbieten. Ein Cliffhanger verspricht weitere spannende Folgen. Ernst Reuß Kreuzberg Blues, Denglers zehnter Fall, Dengler ermittelt, Band 10, Kiepenheuer&Witsch, Köln 2020, 416 Seiten, 22 €
Churchill schrieb schon 1939: „Ich jedenfalls bin nicht so ungemein beeindruckt von dem Erfolg, den wir aus unserer Zivilisation hier auf der Erde machen, dass ich bereit bin zu denken, dass wir der einzige Fleck in diesem gewaltigen Universum sind, der lebendige, denkende Wesen enthält, oder dass wir der höchste Typ geistiger und körperlicher Entwicklung sind, der jemals in der unermesslichen Spanne von Raum und Zeit erschienen ist.“
Avi Loeb, dessen jüdischer Großvater es 1936 noch schaffte rechtzeitig aus Deutschland zu flüchten, scheint das genauso zu sehen. Er formuliert dies in seinem Buch: „Außerirdisch. Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten“ ein wenig anders: „Wenn man den dringlichsten Nachrichten der Welt intensive Aufmerksamkeit schenkt, so habe ich festgestellt, erhält man reichlich Hinweise darauf, dass wir nicht die klügste Spezies im Universum sein können.“ Loeb ist Professor für Astrophysik und Vorsitzender des Fachbereiches Astronomie der Harvard University. Er ist überzeugt, dass Aliens existieren. Das glauben viele andere Astronomen auch, denn es sei vermessen zu glauben, dass es bei den unzähligen Planeten im Universum nicht auch ähnliche Entwicklungen wie auf der Erde gegeben hat. Es sei vielmehr wahrscheinlich, dass viele Populationen bereits ausgestorben sind und man bevor man wirkliche Außerirdische träfe, wohl zuerst auf deren Weltraumschrott stoßen würde. Loeb denkt bei dem Himmelskörper, um den es in seinem Buch geht, aber eher an ein Sonnensegel. Astronomen an der Universität von Hawaii hatten im Oktober 2017 einen hellen Fleck bemerkt, der durch die tiefe Dunkelheit raste. Intern wurde es als „Oumuamua“ bezeichnet. „Oumuamua“ ist ein hawaiianischer Begriff und bedeutet Kundschafter. Das soll auf seine Eigenschaft als Bote aus einer fernen Vergangenheit anspielen. Bemerkt wurde der Himmelskörper erst dann, als er bereits das Sonnensystem verließ und sich auf dem Weg zurück in den interstellaren Raum befand. Bereits fünf Tage zuvor hatte das Objekt die Erde in einer Entfernung von etwa 24 Millionen Kilometern passiert. Es gibt daher keine Fotos davon, sondern anhand der Daten nur Vermutungen über das Aussehen und die Größe. Je mehr Daten gesammelt wurden, desto mysteriöser wirkte der Himmelskörper. Loeb ist überzeugt, dass damals eine von Außerirdischen gebaute Raumsonde durch unser Sonnensystem segelte. Zumindest ist er das, bis eine einleuchtende Erklärung für seine Herkunft gefunden sein sollte. Bisher gibt es die, nach seiner Meinung, jedoch noch nicht. „Oumuamua“ war der erste interstellare Himmelskörper, der je in unserem Sonnensystem gesichtet wurde. Die ungewöhnliche Form und Flugbahn, sowie die Beschleunigung des Objekts, bleiben bis heute rätselhaft. Loeb wurde ob seiner Aussagen in der Boulevardpresse hofiert, erfuhr aber Gegenwind aus wissenschaftlichen Kreisen und wurde sogar als „Enfant Terrible“ bezeichnet. Die seltsamen Daten konnte aber bis heute keiner so richtig erklären. Auch wenn „Oumuamua“ kein extraterrestrisches Lebenszeichen von Außerirdischen sein mag, ist die Lektüre des Buches angenehm und regt dazu an sich über so einiges Gedanken zu machen - was sicherlich an der auch für den Laien nachvollziehbaren und gut verständlichen Erzählweise und Argumentation des Autors liegt. Schon im für uns sichtbaren Universum gibt es mehrere hundert Milliarden Galaxien und auch der Beginn des Leben auf unserem Planeten ist unklar. Eine Theorie besagt, dass das Notwendige dafür über Asteroiden zur Erde kam und wir deshalb im Grunde von Aliens abstammen. Loeb beklagt sich über die mangelnde Phantasie so manches Kollegen. Dies sei schon in Zeiten von Galileo Galilei so gewesen. Er fragt sich zurecht, welche Konsequenzen es für Wissenschaft, Religion und für die Zukunft der Menschheit haben wird, wenn die Existenz von Außerirdischen endlich bewiesen sein sollte. Ernst Reuß Avi Loeb, Außerirdisch, Intelligentes Leben jenseits unseres Planeten., Originaltitel: Extraterrestrial. The First Sign of Intelligent Life Beyond Earth., 15 schwarz-weiße Abbildungen., Übersetzt von Jürgen Schröder, DVA Deutsche Verlags-Anstalt 2021, 264 Seiten |
AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
|