Stalag 329 war ein Kriegsgefangenenlager in der Ukraine. In den erhalten gebliebenen Statistiken wurden erstmals am 1. September 1941 13 491 Kriegsgefangene erwähnt. Anfangs wurden nichtrussische Kriegsgefangene, insbesondere Ukrainer, noch entlassen, soweit sie nutzbringend im deutschen Interesse eingesetzt werden konnten. Diese Politik hatte aber schon im November 1941 ein jähes Ende gefunden. Grund dafür war die Angst vor einem Anwachsen der Partisanenbewegung.
„Gut ging es den Gefangen sicherlich nicht, wie auch das Massengrab zeigt, in dem heute noch mehrere tausend Leichen liegen. In einem der wenigen Zeitzeugenberichte eines in Winniza gefangenen Rotarmisten hieß es: ‚Ich geriet Ende Juli 1941 in Kriegsgefangenschaft und befand mich im Lager bei Winnica [Stalag 329] in der Ukraine. Wir lebten hinter Stacheldraht. Leben? Kann man das als „Leben“ bezeichnen? Weder Verletzten noch Kranken wurde geholfen. Es starben Dutzende. Morgens holte ein spezielles Kommando die Verstorbenen ab. Sie starben vor Hunger, Verwundungen, Krankheiten. Ich war aber jung und vor der Gefangennahmen absolut gesund. Hauptsache, ich wollte leben. Ich habe überlebt. Im Herbst wurden Gesunde und Junge mit einem Güterzug nach Deutschland abtransportiert.‘“ (aus: Ernst Reuß, Gefangen! Zwei Großväter im Zweiten Weltkrieg, S. 84 ff.) Von 5,7 Millionen Gefangenen in den Lagern kamen bis zu 3,3 Millionen um. Sowjetische Kriegsgefangene sind neben den Juden diejenige Opfergruppe, die das schlimmste Schicksal im Zweiten Weltkrieg erleiden musste. Die Ukraine ist auch heute im Kriegszustand. Stalag 329 befindet sich zum Teil auf militärischem Sperrgebiet, das man nur mit Sondergenehmigung und beschränkter Fotografiererlaubnis besuchen darf. Eine Baracke blieb erhalten. Dort befindet sich am Fundort eines Massengrabes das Mahnmal für die 2008 an diesem Ort exhumierten Überreste der verscharrten Kriegsgefangenen. Im nahe gelegenen frei zugänglichen Teil des ehemaligen Stalags 329 befindet sich ebenfalls ein Mahnmal. Ernst Reuß Comments are closed.
|
AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
|