Michael Sommer ist ein deutscher Althistoriker und Professor für Alte Geschichte. Er schreibt über die alten Römer. Neben bekannten Namen wie Cicero, Caligula, Caesar und Pythagoras erscheinen unzählige andere Namen und Daten.
Es geht dabei um Sex, Giftmischerei und Intrigen. Es geht um Kaiser und Kurtisanen, um Geheimschriften und verbotene Bücher. Es geht um Spione und Wunderwaffen, um Schwarze Magie und es geht auch im alten Rom um Hexen- und Hexerprozesse, bei denen missliebige Bürger ausgeschaltet wurden. Es gab auch die „Fluchtäfelchen“ aus Blei, die man beschrieb und irgendwo begrub, sozusagen die Vorläufer der Voodoo-Puppen. Oft ging es dabei um profanes Liebesleid und man könnte vermuten, dass Teenager die Urheber waren, wie zum Beispiel bei folgenden Flüchen: Ersterer betrifft „Aristokydes und die Frauen, die man mit ihm sehen wird. Lass ihn keine andere Frau oder Mädchen heiraten!“ Ein anderer betrifft eine gewisse Priscilla und lauter folgendermaßen: „Ich überantworte den Göttinnen mein ungerechtes Schicksal, auf dass ihr mich an Priscilla, Tochter des Carantus, rächt, die den großen Fehler beging zu heiraten (...) Priscilla soll zugrunde gehen!“ Es waren aber nicht nur Teenager, sondern auch hochwohlgeborene erwachsene Herrschaften, die derartige Fluchtäfelchen beschrieben. Da es weder eine Polizei noch eine Staatsanwaltschaft gab, versuchte man es mit Flüchen – gegen Diebe, gegen Einbrecher oder gegen Rivalen. Die Götter, die man dabei um Hilfe bat, kennt heute kaum noch jemand. Im Buch geht es aber auch um Politik, Korruption und organisiertes Verbrechen. Außerdem geht es um etliche Morde. Viele Kaiser fielen Mordanschlägen zum Opfer, nur mit Glück, zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen und einem geeigneten Vorkoster, starb man als Kaiser einen friedlichen Tod. Sex war eine überall zu erwerbende Handelsware, an der viele mitverdienten. Graffiti, die das Tun von Prostituierten anpriesen, aber auch Angebergraffitis wie: „Hier habe ich viele Mädchen gevögelt“ finden sich noch heute bei Ausgrabungen. Zudem beschrieben Historiker zahllose Sexskandale am Kaiserhof. Justinians Frau Theodora soll in nur einer Nacht mit 30 Männern Sex gehabt haben. Messalina habe sich nachts in den städtischen Bordellen Wettkämpfe mit den erfahrensten Huren Roms geliefert, wer mehr Freier befriedigen könne. Kaiser Nero soll es nicht nur mit Sklaven getrieben haben, sondern sogar mit seiner Mutter Agrippina. Ob es sich dabei jedoch um Fakten handelte oder nur um die ausufernden Fantasien von Historikern, steht dabei nicht zweifelsfrei fest. Fest steht aber, dass die Veröffentlichung derartiger Geschichten zu Lebzeiten der Kaiser einem Selbstmord gleichgekommen wäre, so erschienen sie immer postum. Es ging wohl dabei darum mit dem verhassten Verstorbenen abzurechnen, also um Verleumdung und das ging häufig ins Sexuelle, denn die Familie war sakrosankt und dort ging man offiziell nicht fremd, wenn man sich nicht gerade gegenseitig umbrachte. Ernst Reuß Michael Sommer: „Dark Rome“. Das geheime Leben der Römer. Beck, München 2022. 288 S., 23 €. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
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