Wanderungsbewegungen gab es zu jeder Zeit, vor allem jedoch gab es im 17-19. Jhd. Wander- und Saisonarbeiter aus Deutschland.
Dies waren die sog. „Grönlandfahrer“- maritime Wanderarbeiter an Bord der holländischen Herings- und Walfangschiffen. Es gab die lippischen Ziegler (Ziegelbrenner) die es nach Holland, Skandinavien, Polen und Rußland zog. Oldenburger Stuckateure gingen, genauso wie Grasmäher und Torfstecher aus Nordwestdeutschland vorzugsweise nach Holland (sog. "Hollandgänger"). Wanderhändler "Tödden" genannt, kamen aus dem nördlichen Münsterland und bauten ein Handelsnetz von Flandern bis Riga. Einige "Tödden" stiegen von dem aus der Armut geborenen Wanderhandel zu bedeutenden Großkaufleuten auf. Zum Beispiel Hettlage, Brenninkmeyer-Kaufhausketten (= Wertheim, C&A, Hertie) stammen von solchen Wanderhändlerdynastien ab. Zu dieser Zeit wurde auch Frankreich, insbesondere Paris, zur bevorzugten Arbeitsstätte für Deutsche insbesondere für hessisch-darmstädtische Gassenkehrer und Lumpensammler, pfälzische Fabrik- und Erdarbeiter und deutsche bzw. elsässische Dienstmägde. Sie alle lebten in einem „Gastarbeitermilieu“ mit niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Auch sie hatten mit dem Problem zu kämpfen, dass sie im Gegensatz zu ihren Kindern kein Französisch sprachen, so dass ihre Kinder zu „Franzosen“ wurden, während sie eigentlich wieder nach Deutschland zurückkehren wollten. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wurden sie dann ausgewiesen, kamen jedoch 1875 wieder zurück. Um 1884 mussten sie dann wegen einer schwerwiegenden Wirtschaftskrise endgültig und unfreiwillig Paris verlassen, da französische Straßenkehrer nunmehr den Vorzug erhielten (in städtischen Diensten wurden nur noch Franzosen zugelassen) und sie keine Beschäftigung mehr fanden. Man sieht daran wie schnell sich das Bild ändern kann. Wer mehr davon wissen will, liest Klaus J. Bade: Deutsche im Ausland, Fremde in Deutschland: Migration in Geschichte und Gegenwart. Ein hervorragendes Buch!!! Ernst Reuß Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
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