Kontraste und Motherland heißen momentan zwei Ausstellungen im Ephraim-Palais, dem denkmalgeschützten Rokokogebäude am Rande des Berliner Nikolaiviertels.
Veitel Heine Ephraim gehörte zu den privilegierten "Schutzjuden" des Königs und hatte sich als Finanzier für dessen Kriege das Wohlwollen des Königs gesichert. Auf Befehl des Königs verringerte er die Qualität der Silbermünzen und übernahm – auch auf königliche Anordnung – die gut alimentierte Verantwortung dafür. 1762 kaufte er das dortige Stadthaus einer Berliner Familie und ließ es als Repräsentanz vollständig umbauen. Auf dem Grundstück stand einst die älteste Apotheke Berlins. Im Jahr 1843 erwarb die Stadt Berlin das Haus und brachte hier Polizeioffiziere und das Einwohnermeldeamt unter. Als mit der 750-Jahr-Feier Berlins der Bau des Nikolaiviertels in Ost-Berlin begonnen wurde, wurde auch das Ephraim-Palais rekonstruiert. 1987 fertiggestellt wurde es nun zum Museum, das auf drei Etagen wechselnde Ausstellungen zeigt. Die Ausstellung „Kontraste“ zeigt Berliner Alltagsfotografien von Frank Silberbach aus dem Osten und von Nikolas von Safft aus dem Westen. Die Ausstellung beinhaltet aus entgegengesetzten Perspektiven Berliner Kontraste ab 2004, analog und in Schwarz-Weiß. Siberbach fotografiert Berliner Typen und Szenen eines Lebensgefühls im Panoramaformat, während von Safft an den Rändern Berlins die Stille, Weite und Leere, sowie den Verfall zeigt. Seine nicht untertitelten Bilder stammen aus der Serie „Rundgang, 2004-2008“. Die gesamte Ausstellung zeigt die Zeitgeschichte eines Jahrzehnts in Bildern, in der man sich durchaus wiedererkennen und mitunter schmunzeln kann. Die andere Ausstellung im Ephraim-Palais heißt „Motherland“. Dort stellen zehn junge ukrainische Künstler ihre Werke aus. Es geht um den Begriff Heimat und was der Krieg mit den Menschen macht. Zu Beginn sieht man das großformatige Gemälde „Schweigeminute“. Fünf Soldatenfiguren, die einen gefallenen Kameraden beweinen. Die Künstlerin verwendete als Vorlage ein Foto aus dem Messenger-Dienst Telegram. Posts in den sozialen Medien können jederzeit wegen der Lokalisierbarkeit tödlich sein. Auch Videos werden gezeigt, so das Videostück „Landschaft mit Welpen“ das ebenfalls auf ein Telegram-Video anspielt, in dem Welpen den Leichnam eines russischen Soldaten fressen. Die Szene wird durch eine wackelige 3D-Videoanimation verfremdet. In der Serie „Freiheit für alle“ stellt ein Künstler Archivfotos aus Ost- und West-Berlin der 1960er- und 1970er-Jahre vor; Slogans wie „Freiheit kennt keine Mauer“ und „Selbstbestimmung auch für uns“. Aus dem Kontext des Kalten Krieges gerissen wirken die Slogans wie eine historische Parallele zwischen Berlin und den ukrainischen Städten, die heute an den Folgen des russischen Angriffskrieges leiden. Das Ephraim-Palais ist immer einen Besuch wert. Ernst Reuß Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
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