Das nördlich von Winniza errichtete Führerhauptquartier namens „Werwolf“ wurde unter dem Decknamen „Eichenhain“ von Arbeitern der Organisation Todt und von ortsansässigen Ukrainern 1942 errichtet. Die Anlage bestand aus Holzbaracken und Bunkern, umgeben von Stacheldrahtzaun und Verteidigungsstellungen. Auch ein Teehaus, ein Friseur, eine Sauna, ein Kino sowie ein Schwimmbecken standen den in der Mehrzahl Herren und ihren Angestellten zur Verfügung. Hitler war jedoch nur selten vor Ort, denn er hielt sich meist im Führerhauptquartier Wolfsschanze im heutigen Polen auf.
Auch jüdische Zwangsarbeiter sollen zu den Arbeiten beim Aufbau des Führerhauptquartiers herangezogen worden sein. Als diese Arbeitskräfte nicht mehr gebraucht wurden, sollen sie erschossen worden sein. Diesbezügliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft führten jedoch zu keinem Ergebnis. Trotzdem ist es eher wahrscheinlich, dass dem so war. Hitler zog vom 16. Juli bis 31. Oktober 1942 dorthin, um näher an der Front zu sein. „Werwolf“ lag in einem Wald an der Straße nach Shitomir. Die Arbeits- und Wohngebäude Hitlers befanden sich abseits der Straße und waren durch hohe Drahtzäune gesichert. Ein Flugplatz war in unmittelbarer Nähe. Unweit der Stadt betrieb Himmler in seiner Funktion als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums die Einrichtung einer mit zunächst 10 000 Volksdeutschen zu besiedelnden Kolonie unter dem Namen „Hegewald“, die als einer der Kerne der zukünftigen deutschen Siedlungen in der Ukraine gedacht war. Es gab ein Kriegsgefangenenlager und viele Zwangsarbeiterlager in Winniza, in denen meist unmenschliche Bedingungen herrschten. Auch außerhalb dieser Lager kam es zu Erschießungen; im September 1941 sowie im Frühjahr 1942 sogar zu Massenerschießungen. 1939 hatten noch 33 150 Juden in Winniza gelebt, immerhin 35,6 % der Gesamtbevölkerung. Als die Deutschen am 19. Juli 1941 die Stadt einnahmen waren noch 18 000 jüdische Bürger in der Stadt, der Rest war geflohen. Schätzungen gehen davon aus, dass am 19. September 1941 mehr als 10 000 Juden durch das 45. Reserve-Polizeibataillon erschossen wurden. Am 15. April 1942 wurden noch einmal knapp 5 000 Juden kurz vor den Toren der Stadt Winniza umgebracht. Ungefähr 1 000 als „unabkömmlich“ geltende Handwerker ließ man vorerst noch am Leben. Unmittelbar nach dem Krieg sollen gerade noch 74 Bürger jüdische Überlebende gezählt worden sein. Heute ist nur noch 1 % der Bevölkerung jüdischen Glaubens. (Aus: Ernst Reuß, Gefangen! Zwei Großväter im Zweiten Weltkrieg, Berlin 2019, Seiten 80 ff.) Im März 1944 wurde das Führerhauptquartier von der Roten Armee eingenommen. Zuvor hatten deutsche Soldaten die Bunkeranlagen gesprengt. Im Juli 2011 wurde dort eine historische Gedenkstätte als Zweigstelle des Regionalmuseums Winniza eingerichtet. Anbei einige Bilder von einem Besichtigungsbesuch Ende 2017. Ernst Reuß Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
Juni 2024
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