Die Amtsgerichte in Berlin waren unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg für sämtliche Zivil- und Strafsachen zuständig. Sie konnten daher auch die Todesstrafe verhängen.
Während die sowjetischen Kommandanten Erschießen und die amerikanischen Befehlshaber Hängen bevorzugten, verurteilten deutsche Gerichte die Delinquenten zum Tode durch die Guillotine. Angeblich soll es sich dabei um die Guillotine gehandelt haben, mit der schon Robespierre hingerichtet worden war und die als Kriegsbeute 1871 nach Berlin kam. Der Wahrheitsgehalt dieser Anekdote lässt sich jedoch nicht mehr nachvollziehen. Deutsche „Fallbeile“ gab es jedenfalls nach dem Krieg mehr als genug. Die Nazis hatten sie für ihre Morde in der Gefängnisschlosserei Tegel herstellen lassen. In der unmittelbaren Nachkriegszeit waren Morde nicht selten. Die Höchstzahl der von deutschen Gerichten verhängten Todesurteile wurde im Jahr 1948 mit 50 Verurteilungen erreicht. Der erste Fall nach dem Krieg betraf einen 56-jährigen Oberpostinspektor namens Karl Kieling aus Berlin-Friedenau, der noch Ende April 1945 einen Mann auf offener Straße erschossen hatte. Er hatte das Handgemenge zwischen einem Zivilisten und einem Nazi beobachtet und fühlte sich bemüßigt, für seinen Parteigenossen Stellung zu beziehen. Das Urteil wurde am 21. August 1946 im Spandauer Gefängnis vollstreckt. Die letzte Hinrichtung im zum Westen gehörenden Teil Deutschlands wurde am 11. Mai 1949 in Westberlin vollzogen. Es war ein bei seinem Tod 24-jähriger Schlosser namens Berthold Wehmeyer. Er hatte eine ältere Frau aus Berlin-Weißensee bei der gemeinsamen Hamsterfahrt im Umland getötet. Im Gegensatz zu ihm, der erfolglos gehamstert hatte, konnte die 61-jährige Eva Kusserow 20 Kilogramm Kartoffeln ergattern, die er nun mit seiner Tat erbeutet hatte. Ein aus heutiger Sicht recht armseliges Motiv, doch in jener Zeit herrschte Hunger und Kartoffeln bildeten den Hauptbestandteil der Nachkriegsernährung. Die letzte Hinrichtung in der DDR erfolgte am 26. Juni 1981. Sie geschah, durch - wie es im schönsten Behördendeutsch hieß – „unerwarteten Nahschuss in den Hinterkopf“. Das letzte Opfer war der MfS-Hauptmann Dr. Werner Teske. Ein einstmals erfolgreicher Agentenführer, der noch bei der Fußballweltmeisterschaft 1974 in der BRD für die Westdevisen der Sportler und Funktionäre zuständig war. Teskes Verbrechen war, dass er sich darüber Gedanken gemacht hatte in den Westen zu flüchten. Wegen seiner Familie hatte er das aber nicht getan. (Ernst Reuß, Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern, S. 23 ff. bzw. Berliner Justizgeschichte, S. 12 ff.) Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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