Laut Verlagsangaben erreichten 16 Abmahnungen den Berliner Christoph Links Verlag nach Veröffentlichung der ersten Auflage des Buches „Völkische Landnahme“. Mehrheitlich aus einer Kanzlei, in der der ehemalige Präsident des Bundesamt für Verfassungsschutz mitwirkt. Der vertritt in der Öffentlichkeit gerne rechtspopulistische Thesen, die Kanzlei anscheinend das im Buch beschriebene Klientel.
Es ist zu hoffen, dass das bei den Verkaufszahlen der nun erschienenen zweiten Auflage helfen wird, denn dort beleuchten die Autoren Andrea Röpke und Andreas Speit die so genannte „Völkischen Landnahme“. Besonders häufig trafen die Autoren in Mecklenburg-Vorpommern auf deren Anhänger. Die Autoren sind Experten auf dem Gebiet des Rechtsextremismus und zeigen auf, wie völkische Bewegungen mehr und mehr den entlegenen ländlichen Raum erobern. Diese nutzen die Landflucht und setzten sich auf dem verwaisten Land fest. Die Siedler kaufen leerstehende Bauernhöfe in ländlichen Regionen, halten ihr Vieh artgerecht-ökologisch und machen sich in der Gemeinschaft nützlich. Sie präsentieren sich gerne heimatverbunden, veranstalten Zeltlager für Kinder und pflegen traditionsreiche Rituale wie den Volkstanz. So infiltrieren oft junge Familien, die Anhänger einer rechtsradikalen Ideologie sind, die lokale Infrastruktur. Gleichzeitig vernetzen sie sich mit anderen Jüngern der „Völkischen Landnahme“ und propagieren ein rassistisches-antisemitisches Weltbild. Umweltschutz und ökologisches Leben liegen im Trend. Junge Menschen, die für den Klimaschutz demonstrieren sind möglicherweise für deren ökologisch verpackten kruden Botschaften empfänglich. Die weit verbreitete Annahme, dass sich Rechtsradikalismus und eine ökologische Lebenseinstellung widersprächen, ist vollkommen falsch. Nachbarn und Jugendliche durchschauen die eigentliche Ideologie deswegen oft auch erst spät. Öko sein bedeutet für sie meist links sein. Es gibt aber die rechten Ökos. Schon bei den Nazis hatte die Blut- und Boden Ideologie und völkisches Brauchtum seinen Platz. Heutzutage finden Wahlhelfer rechtsradikaler Parteien während des ländlichen Wahlkampf auf den übernommenen Bauernhöfen Unterschlupf für die Verbreitung ihrer Ideologie. Die Siedler wiederum nehmen an Veranstaltungen von Pegida oder der AfD teil, Aktivisten der „Identitären Bewegung“ besuchen Veranstaltungen der völkischen Siedler. Prominente Vertreter, wie Björn Höcke werben für die Idee. Andreas Kalbitz, der an völkischen Lagern teilnahm, ist da nur die Spitze des Eisbergs. Röpke und Speit machen aufmerksam auf eine - wie sie glauben - unterschätzte Gefahr, die auch auf dem Radar der Sicherheitsbehörden nicht oder nicht ausreichend auftaucht. Ernst Reuß Andrea Röpke, Andreas Speit, Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos, Christoph Links Verlag, Berlin 2020, 208 Seiten, 18 €. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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