Noch laufen die Olympischen Spiele in Tokyo. Es ist die XXXII. Olympiade der Neuzeit. Eine Olympiade beginnt im Jahr der Sommerspiele und dauert (normalerweise) vier Jahre. Nummeriert wird unabhängig davon, ob die Spiele stattfinden oder nicht.
125 Jahren sind nun seit der ersten Olympiade der Neuzeit in Athen vergangen. 1896 erhielten die Olympiasieger eine Silbermedaille und einen Olivenzweig, der Zweitplatzierte eine Bronzemedaille mit Olivenzweigen. Die heute üblichen Ehrungen in Gold, Silber und Bronze wurde erst 1904 eingeführt. Deutschland nahm an den ersten Olympischen Spielen in Athen mit gerade mal 21 Sportlern teil. In der Deutschen Turnerschaft waren der Wettkampfcharakter und der internationale Anspruch der Spiele heftig umstritten und es galt als „undeutsch“, am „französischen Treiben“ teilzunehmen. Schließlich war Baron de Coubertin - der Initiator der Olympischen Spiele - ein Franzose und damit ein „Erzfeind“. In der Absage der Deutschen Turnerschaft hieß es, dass die „Hauptleitung der Feste von vornherein uns Deutschen gegenüber eine Stellung mit Wort und Tat eingenommen hat, die es mit deutscher Ehre unverträglich macht, an den Wettkämpfen in Athen teilzunehmen“. Es war ein junger Berliner namens Dr. Willibald Gebhardt, der 1895 das erste Nationale Olympische Komitee in Deutschland initiierte, das noch „Komitee für die Beteiligung Deutschlands an den Olympischen Spielen zu Athen 1896“ hieß. Er führte, trotz erheblicher Widerstände aus der Funktionärsebene, eine kleine, aber feine deutsche Delegation 1896 nach Athen. Unter ihr waren alleine elf Turner, die hervorragend abschnitten und für vier Goldmedaillen verantwortlich waren. Sie alle hatten mutig gegen die Autorität ihrer eigenen Sportführer rebelliert. Im Deutschen Reich war man danach vielfach trotzdem stolz auf seine Olympiasieger. Die deutsche Mannschaft belegte im Medaillenspiegel nämlich mit sechs Goldmedaillen den dritten Platz hinter den USA und hinter Griechenland. Deutschland stellte außerdem die drei erfolgreichsten Einzelsportler. Sie hießen Carl Schuhmann, Hermann Weingärtner und Alfred Flatow. Die meisten Olympiasiege errang Carl Schuhmann. Er siegte im Ringen gegen einen körperlich überlegenen Gegner und beim Pferdsprung. Außerdem gewann er mit der deutschen Turnmannschaft am Barren und am Reck. Die meisten Medaillen gewann Hermann Weingärtner. Er wurde Einzelolympiasieger am Reck, sowie zweimal Mannschaftssieger mit den Turnern. Zweimal Zweiter wurde er zudem an den Ringen und am Pauschenpferd. Alfred Flatow wurde dreimal Olympiasieger und einmal Zweiter. Er gewann den Einzelwettbewerb am Barren und wurde Zweiter am Reck. Zusammen mit dem deutschen Turnteam gewann er außerdem die zwei Mannschaftstitel. Mit dabei beim Mannschaftsolympiasieg, war auch sein sechs Jahre jüngerer Cousin Gustav Flatow. Beide waren Juden und emigrierten im Dritten Reich in die Niederlande. Nach dem deutschen Einmarsch wurde Alfred von den Nationalsozialisten in das KZ Theresienstadt deportiert, wo er 1942 umkam. Seinem Cousin Gustav ging es nicht anders. Der mittlerweile auf 20 kg Körpergewicht abgemagerte Mannschaftsolympiasieger, starb dort drei Jahre später. Auch dieser ersten deutschen Olympiasieger sollte man gedenken, wenn es heißt: „Hiermit erkläre ich die XXXII. Olympischen Spiele in Tokyo für eröffnet“ Ernst Reuß Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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