Der als Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten in Berlin geborene Kurt Eisner, war der erste Ministerpräsident des Freistaats Bayern.
Als einer der Anführer der Novemberrevolution vom 7. November 1918 in München, rief der Intellektuelle die bayerische Republik als „Freistaat“ aus und wurde zum Ministerpräsidenten gewählt. Der Sturz des letzten bayerischen Königs war perfekt, „Freistaat“ sollte „frei von der Monarchie“ bedeuten. Lange blieb er jedoch nicht im Amt, denn schon am 21. Februar 1919 wurde er in München auf dem Weg in den Landtag vom rechtsgerichteten Anton Graf von Arco auf Valley ermordet. Kurz zuvor hatte dieser, der selbst jüdische Vorfahren hatte, sein Motiv schriftlich festgehalten: „Eisner ist Bolschewist, er ist Jude, er ist kein Deutscher, er fühlt nicht deutsch, untergräbt jedes vaterländische Denken und Fühlen, ist ein Landesverräter.“ In der Landeshauptstadt wurde sechs Wochen nach Eisners Ermordung die Bayerische Räterepublik ausgerufen, die von rechtsnationalistischen Freikorps- und Reichswehrverbänden äußerst blutig niedergeschlagen wurde. Viele Anhänger der Räterepublik wurden dabei ermordet oder von Standgerichten zum Tode verurteilt. Während Eisners Mörder von der nunmehrigen bayerischen Landesregierung zu einer „ehrenhaften Festungshaft“ begnadigt worden war, weil seine Tat aus „glühender Liebe zum Vaterland“ begangen worden sei, galt Eisner lange Zeit als Paria. Seiner Witwe wurde die übliche Unterstützung für Hinterbliebene von Staatsbediensteten verweigert, sie musste in der Nazizeit nach Frankreich emigrieren und beging 1940 Selbstmord, als die Nazis auch dort einmarschierten. Auch lange nach dem Zweiten Weltkrieg galt das Mordopfer Eisner noch als Geächteter. 50 Jahre nach seiner Ermordung protestierte die CSU gegen die Benennung einer Münchner Straße zu Ehren des ersten bayerischen Ministerpräsidenten. Seit Ende des 19. Jahrhunderts war Eisner Mitglied der SPD und Redakteur des Vorwärts gewesen. Von 1907 bis 1910 war er dann Chefredakteur der Fränkischen Tagespost, bevor er nach München umzog, um als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften zu arbeiten. Als überzeugter Pazifist trat er – wie viele SPD-Mitglieder - während des Ersten Weltkriegs aus seiner Partei aus und trat der USPD bei. Bevor Eisner zum ersten Ministerpräsidenten in Bayern ernannt wurde, kam er - als Organisator des Munitionsarbeiterstreiks in München - am 31. Januar 1918 ins Gefängnis. Die dort in den folgenden 8 ½ Monaten angefertigten Notizen sind nun kommentiert und historisch eingeordnet im Rahmen der „Kurt Eisner–Studien“ im Metropol Verlag erschienen. Weiter Studien werden hoffentlich folgen. Ernst Reuß Kurt Eisner: Gefängnistagebuch (Kurt-Eisner-Studien Band 1 - Hrsg.: Jacob, Baddack, Ebert, Pöschl), Berlin 2016, Broschiert, 224 Seiten, 19 Euro. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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