Florian Huber will anhand von Briefen, Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungen die Familienverhältnisse im Nachkriegsdeutschland darstellen. Er schreibt: „Der deutsche Familienkosmos nach 1945 war eine historisch einzigartige »Versuchsanordnung«. In ihm liegt der Schlüssel zum Verständnis einer Epoche und der Menschen, die darin aufeinandertrafen.“ Der Autor schildert, wie es vielen Kriegsheimkehrern und ihren Angehörigen erging. Es sind die bekannten Schicksale von Frauen, die ohne erwerbstätigen Mann die Familie durchbringen müssen, von Kinder, die ohne Vater aufwachsen, sowie von Männern, die aus dem Krieg zurückkehren und sich im Nachkriegs-Deutschland nicht mehr zurechtfinden. In den Familien wird über die Vergangenheit weitgehend geschwiegen; das Zusammenleben ist häufig eine Qual. Trotzdem oder gerade deswegen wird die „heile Familie“ propagiert, auch wenn es hinter den geschlossenen Gardinen ganz anders zuging. Der Autor wirft leider die vielen Einzelschicksale im Text munter durcheinander, wodurch schon bald ein verwirrter Leser zurückbleibt, der sich bei all den Namen und Schicksalen nicht mehr zurechtfindet. Nahezu jede deutsche Familie war in irgendeiner Weise in die Geschehnisse des zweiten Weltkriegs und seiner Folgen verwickelt. Diese wirkten und wirken bis heute in unterschiedlicher Weise nach. Hubers These vom Familiendrama, dessen Auswirkungen bis heute spürbar sind, ist daher durchaus nachvollziehbar aber auch keine fundamental neue Erkenntniss. Ernst Reuß Florian Huber: "Hinter den Türen warten die Gespenster. Das deutsche Familiendrama der Nachkriegszeit", Berlin Verlag, München/Berlin 2017, 347 Seiten, 22 Euro. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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