Der am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam beschäftigte Hanno Hochmuth promovierte im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der FU Berlin zur Stadtgeschichte von Friedrichshain-Kreuzberg. Seine 2016 verteidigte Dissertation zur Geschichte der Berliner Stadtbezirke Friedrichshain und Kreuzberg erschien 2017 im Wallstein Verlag: „Kiezgeschichte: Friedrichshain und Kreuzberg im geteilten Berlin“. Er beschreibt darin die Entwicklung der ehemaligen Arbeiterbezirke Friedrichshain und Kreuzberg, dem früheren Armenhaus Berlins, zum vereinten Szene-Kiez der Stadt.
Interessant dabei insbesondere die Zeit der Teilung. Hochmuths Blick fokussiert sich auf das Wohnen, die Situation der Kirche und die unterschiedlichen Formen des Vergnügens als relevante Aspekte der Entwicklung Berliner Kieze in Ost und West. Hochmuth erzählt von der „Kommune 1 Ost“, vom „Stralauer Fischzug“ bis zum „ND Pressefest“. Eine alternative Veranstaltung zu DDR-Zeiten waren die Friedrichshainer „Bluesmessen“ eines Pfarrer Eppelmann, die genauso argwöhnisch von der Staatsmacht beobachtet wurden, wie manche alternativen Aktivitäten im Westteil der Stadt. Das galt besonders für Kreuzberg, wo beispielsweise das „Chamissoplatzfest“ illustrierte, wie sich Kreuzberg zum Zentrum einer alternativen Kultur entwickelte. Hochmuth erinnert an legendäre Kneipen wie den „Leierkasten“, der vom Künstler-Original Kurt Mühlenhaupt betrieben wurde, an die „Kleine Weltlaterne“ oder auch an die Entstehung des Kneipenkollektivs im Mehringhof. Nebenbei erfährt man manche Details, wie beispielsweise das, dass der Song „Kreuzberger Nächte sind lang“ von den Gebrüdern Blattschuss ursprünglich nicht als bierseliger Schunkelsong, sondern als Parodie auf derartiges geschrieben wurde. Seit dem Mauerfall hat der inzwischen zusammengelegte Stadtbezirk eine stetig wachsende Anziehungskraft, dessen Entwicklung jedoch gerade zurzeit viel Raum für Verdrängungs- bzw. Gentrifizierungsdiskussionen bietet. Inzwischen gehören die Bezirke Friedrichshain und Kreuzberg zu den attraktivsten Wohnlagen der Stadt und die Häuser, einschließlich der darin wohnenden Menschen, verkommen zum Teil zur reinen Spekulationsmasse der vorwiegend neuen Eigentümer. Ernst Reuß Hanno Hochmuth, Kiezgeschichte , Friedrichshain und Kreuzberg im geteilten Berlin, Reihe: Geschichte der Gegenwart (hg. von Frank Bösch und Martin Sabrow); Bd. 16, Wallstein Verlag, Göttingen 2017, 392 Seiten, € 29,90 Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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