Jo Lendle, Autor und Verlagsleiter, vermischt in seinem Roman „Eine Art Familie“ die Biographie seines Großonkels Ludwig Lendle mit fiktiven Elementen. Jener 1899 geborene Großonkel, genannt „Lud“, war Pharmakologie-Professor, der zum Schlaf und zur Narkose, aber auch zu Giftgas forschte.
Der Roman ist eine Zeitreise vom Kaiserreich über die Nazibarbarei bis in die Nachkriegszeit in Ost- und Westdeutschland und ein persönlicher Blick auf eine spezielle Familie. Es geht um den Großonkel Ludwig und sein fast gleichaltriges Patenkind Alma, das ihre Eltern schon 1912 als elfjähriges Kind nach einem missglückten Attentat unglücklich verlor und danach zu verschiedenen Pflegeltern musste. Erst dann durfte sie zu Lud, der zuvor als zu jung erachtet wurde. Zusammen mit ihrer Haushälterin erleben sie von nun an zu dritt - als „eine Art Familie“ - die sehr wechselvolle Zeit. Alma fühlt sich zu ihrem Großonkel hingezogen, doch der fühlt sich eher zu einem ehemaligen Kriegskameraden hingezogen und ist als Eigenbrödler in seine Forschung vertieft. Seine Homosexualität lebt er nicht aus. Alma ihre Heterosexualität jedoch durchaus mit wechselnden Partnern, mit den sie keine ernsthafte Beziehung führt. Das tut sie aber mit Lud, auf ihre eigene platonische Weise. Mit ihm und der Haushälterin bilden die drei eine Art Familie, die trotz diverser Umzüge zusammenbleibt. Zu dritt überstehen sie die Nazizeit. Lud ist im Gegensatz zu seinem Bruder und seiner Mutter kein Nazi, lässt sich aber von diesen vereinnahmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Ludwig Lendle in Leipzig und ist an der Neugründung der Universität beteiligt. Er wurde Prorektor der Universität, ging dann aber nach Repressalien in den Westen, an die Uni Göttingen. Deutsche Geschichte. Lesenswert! Ernst Reuß Jo Lendle, Eine Art Familie, Penguin Verlag, München 2021, 368 Seiten, € 22,00 Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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