Heute teilt sich die historische Region Dobrudscha am Schwarzen Meer in die rumänische Norddobrudscha und die bulgarische Süddobrudscha. Dobrudscha liegt noch hinter der Wallachei, wohin umgangssprachlich schon so mancher verwünscht worden ist.
Schon immer zog es Menschen aus verschiedenen Kulturen hierher ins Donaudelta. Sie haben dabei ein multikulturelles Gemisch an Sprachen und Konfessionen hinterlassen. 1841 wanderten dann auch die ersten Deutschen dorthin, die zuvor in nördlichere Gebiete ausgewandert waren. Diesmal war es keine gezielte staatliche Ansiedlung, sondern ein ungeordneter Zuzug. Grund waren vor allem wirtschaftliche Gründe und später die Angst als Soldaten in den Krimkrieg hineingezogen zu werden. Ab 1873 setzte eine zweite Einwanderungswelle ein, danach 1890/91 eine dritte. Die Dobrudschadeutschen nannten sich selbst Schwaben, wenn sie ursprünglich aus dem Süddeutschen Raum ausgewandert waren, und Kaschuben, wenn sie aus Pommern kamen. Sie lebten überwiegend von der Landwirtschaft. Schon im Ersten Weltkrieg wunderten sich deutsche Soldaten, wenn sie auf Dörfer stießen und in der Heimatsprache angesprochen wurden. Nach einer hundertjährigen Episode verließen die meisten 1940 die Gegend wieder. Die Dobruschdeutschen wurden in das Deutsche Reich umgesiedelt. Hitler hatte sie „Heim ins Reich“ gerufen. Die Umsiedler wurden in etwa 100 Lagern im Gau Mainfranken und im Gau Niederdonau untergebracht. Nicht alle waren zufrieden mit ihrer dortigen Lage und weigerten sich, sich einbürgern zu lassen. Das lag wohl auch daran, dass sie in die Wehrmacht eingezogen werden sollten und endete für einige im KZ, aus dem sie wieder kamen, als sie sich gezwungenermaßen eines Besseren besannen. Der Rest der Dobrudschadeutschen zog am Ende des Zweiten Weltkriegs gen Westen, auf der Flucht vor der Roten Armee. Laut einer rumänischen Volkszählung von 2011 gab es nur noch 166 Deutsche in der Norddobrudscha. Das war 0,01 % der Bevölkerung. Mehr als 3 % im Jahre 1899 waren es nie. Von den dobrudschadeutschen Dörfern, den Siedlungen und den Kirchen ist nicht viel übrig geblieben. Für denjenigen, der sich näher mit den Dobrudschadeutschen beschäftigen will, hat Josef Sallanz in seiner reich bebilderten Darstellung der Geschichte alles Notwendige in seinem Buch aufgeschrieben. Erschienen ist es in der Potsdamer Bibliothek des Deutschen Kulturforums östliches Europa. Sallanz fragt sich zum Schluss ob es überhaupt sinnvoll ist, die Dobrudschadeutschen als eigene Gruppe zu sehen, denn sie selbst sahen sich erst nach der Umsiedlung ins Deutsche Reich so. Zuvor waren sie wenig homogen, mit unterschiedlichen Konfessionen und Dialekten. Ernst Reuß Sallanz, Josef: Dobrudscha. Deutsche Siedler zwischen Donau und Schwarzem Meer. Potsdam 2020, 350 Seiten, 19,80 €. Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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