Stephan Taltys Buch „Black Hand - Jagd auf die erste Mafia New Yorks“ ist zwar kein historisches Sachbuch im eigentlichen Sinn, aber eine spannende, faktenorientierte Schilderung von Zeitgeschichte mit einer gewissen erzählerischen Freiheit. Das Buch ist dennoch durchaus empfehlenswert für denjenigen, der Einblicke in die jüngere Entstehungsgeschichte der Stadt New York gewinnen will. Es soll mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle verfilmt werden. Star der Geschichte ist Joseph Petrosino, der als Kind zusammen mit seiner Familie eingewandert war und der später im New York City Police Department (NYPD) eine eigene Abteilung gründete und den mafiösen Strukturen in der italienischen Gemeinde zu trotzen versuchte. Es ist allerdings nicht der erste Film, der die Abenteuer des Leutnants Petrosino zum Inhalt hat; im Internet findet sich sogar noch einen Stummfilm aus dem Jahre 1912.
Aufgewachsen in Little Italy hatte er sich zuvor als Schuhputzer und Straßenfeger verdingt, bevor er als inzwischen polizeiliche anerkannte Respektsperson Mafiagrößen auf offener Straße verprügelte. Berüchtigt waren damals vor allem die Angehörigen der sogenannten „Schwarzen Hand“. Erpressungen, Morde, Entführungen und Bombenattentate der „Schwarzen Hand“ beziehungsweise deren Trittbrettfahrern, blieben meist ungesühnt, solange es innerhalb der italienischen Communitiy blieb. Dort blieb man sich meist selbst überlassen, während bei wohlhabenderen Bürgern das NYPD sofort einschritt. Petrosino musste mit seinen wenigen Männern mit vielen Schwierigkeiten kämpfen und so mancher Stein wurde ihm in den Weg gelegt. Aber genau deswegen wurde er ein Star, vor allem für die kleinen Leute in den Vierteln, die er versuchte mit äußerst harter Hand zu schützen. Das Buch ist ein Heldenepos, das die negativen Seiten der durchaus angedeuteten Polizeiwillkür und Korruption weitgehend außer Acht lässt, aber mit Themen aufwartet, die auch heute noch aktuell sind. Es geht um Migration und um Armutsflüchtlinge, zu denen man heute Wirtschaftsflüchtlinge sagt. Es geht um Ausländerkriminalität und um Diskriminierung. Italiener waren nicht wohlgelitten in der damaligen Zeit und auch die Forderung nach Einwanderungsstopp oder Obergrenzen hörte man schon damals. Mit nur 49 Jahren wurde der frischgebackene, stolze Familienvater 1909 bei einer Ermittlungsreise in Sizilien in eine Falle gelockt und ermordet. Kurz danach nahmen 250 000 Menschen an seiner Beerdigung in Manhattan teil. Die Täter wurden nie gefasst. Ernst Reuß Stephan Talty, Black Hand - Jagd auf die erste Mafia New Yorks, Aus dem amerikanischen Englisch von Jan Schönherr, suhrkamp taschenbuch 4924, Klappenbroschur, Berlin 2018, 318 Seiten, 14,95 € Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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