Vor 75 Jahren, am 19. September 1941, trat die „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ in Kraft.
Wie zuvor bereits in besetzen Gebieten, mussten nun alle im Deutschen Reich lebenden Juden ab dem sechsten Lebensjahr einen gelben Stern mit schwarzer Aufschrift tragen. Nur „Mischlinge“ und jüdische Partner in „privilegierten Mischehen“ wurden eventuell davon ausgenommen. Die Nürnberger Rassengesetze regelten schon seit 1935 diese absurde Rassenideologie. Eine große Berliner Fahnenfabrik führte den ihr erteilten Auftrag aus und lieferte innerhalb kürzester Zeit Sterne, die die jüdischen Gemeinden für ihre Mitglieder gegen Entgelt abnehmen mussten. Bei der Ausgabe des Judensternes musste in guter deutscher Behördenmanier folgende Verpflichtungserklärung unterschrieben werden: „Ich bestätige hiedurch den Empfang von 1 Judenstern. Mir sind die gesetzlichen Bestimmungen über das Tragen des Judensterns, das Verbot des Tragens von Orden, Ehrenzeichen und sonstigen Abzeichen bekannt. Auch weiß ich, dass ich meinen Wohnort nicht verlassen darf, ohne einen schriftliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde bei mir zu führen. Ich verpflichte mich, das Kennzeichen sorgfältig und pfleglich zu behandeln und bei seinem Aufnähen auf das Kleidungsstück den über das Kennzeichen hinausragenden Stoffrand umzuschlagen. Abschrift dieser Quittung ist in meinem Besitz.“ Die Kennzeichnungspflicht war der Übergang zur letzten Stufe der Verfolgung von Juden im Deutschen Reich. Kurz danach begannen die Deportationen in die Vernichtungslager. Am 18. Oktober 1941 verließ der erste Zug aus Berlin den Bahnhof Grunewald. Weitere 62 Züge sollten folgen. Ernst Reuß Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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