Heute vor 75 Jahren, am 16. Juni 1945, starb Nikolai Bersarin bei einem Motorradunfall in einem LKW-Konvoi in Berlin-Friedrichsfelde, an der Straßenkreuzung Am Tierpark/Ecke Alfred-Kowalke-Straße.
Der 1904 in St. Petersburg geborene Nikolai Erastowitsch Bersarin war als sowjetischer Generaloberst nach dem Zusammenbruch Nazi-Deutschlands sowjetischer Stadtkommandant von Berlin. Seine 5. Stoßarmee hatte am 21. April als erster sowjetischer Verband den östlichen Berliner Stadtrand bei Marzahn erreicht. Am 28. April wurde er daher von Marschall Schukow zum Stadtkommandanten von Berlin ernannt. Es war Militärtradition, dass derjenige Stadtkommandant wird, dessen Truppen zuerst die Ortsgrenzen überquerten. Bersarin machte sich umgehend an den Wiederaufbau Berlins. Im Jahr 1975 bekam er dafür postum die Ehrenbürgerschaft Ost-Berlins zugesprochen. Nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde er in den vereinigten Ehrenbürgerlisten der beiden Berlinteile nicht übernommen. Am 11. Februar 2003 nahm ihn der Berliner Senat - nach heftigen politischen Debatten - jedoch wieder in die Liste auf und begründete dies mit den Verdiensten Bersarins beim Aufbau Berlins. Nachfolgend beschreibt dies ein Ausschnitt aus: Ernst Reuß, Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern: Justizalltag im Nachkriegsberlin, erma, Berlin 2017, S. 16ff.: „Bis zum Einmarsch der anderen Alliierten im Juli 1945 war alleine die Sowjetunion für Berlin zuständig. Bereits am 28. April 1945 hatte der Militärkommandant der Stadt Berlin, Generaloberst Bersarin, mit dem Befehl Nr. 1 bekannt gegeben, dass die gesamte administrative und politische Macht in Berlin auf ihn übergegangen sei. Erst vier Tage später wurde dann in Tempelhof durch den letzten deutschen Kampfkommandanten für Berlin, General Helmuth Weidling, die Kapitulationsurkunde für die Reichshauptstadt unterzeichnet. Er, der bereits zuvor die Kapitulationsbedingungen sondiert hatte, aber gemäß Hitlers Weisung nicht kapitulieren durfte, hatte in den Morgenstunden desselben Tages den Befehl zur Einstellung der Kampfhandlungen gegeben. Nach Hitlers Suizid war er nicht mehr an dessen Durchhaltebefehle gebunden und hielt sich vernünftigerweise auch nicht mehr daran. Er gab in den Morgenstunden des 2. Mai 1945 den Befehl zur Einstellung der Kampfhandlungen. Generaloberst Bersarin, der bis zu seinem frühen Tod am 16. Juni 1945 die alleinige Befehlsgewalt in Berlin besaß, machte sich kurz danach, nicht nur daran die Trümmer des „1000-jährigen Reiches“ aufzuräumen und die Versorgung der Berliner Bevölkerung zu sichern, sondern organisierte auch Verwaltung, Polizei und Gerichte neu. Bereits am 8. Mai wurde eine Eheschließung registriert, die nach den NS-Rassegesetzen niemals möglich gewesen wäre. Ab 14. Mai verkehrten wieder die ersten U-Bahnzüge. Am 19. Mai begann der neue Magistrat seine Tätigkeit. Der Aufbau der neuen Gerichtsorganisation war zum 1. Juni abgeschlossen, was auch überaus notwendig war, denn in der ausgebluteten, ausgehungerten und zerbombten Stadt wurde geplündert, geraubt und gemordet.“ Comments are closed.
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AutorErnst Reuß, geboren 1962 in Franken. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und Wien. Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin. Danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und im Bundestag beschäftigt. Archiv
März 2024
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